Zeitgenössische Kunst in Iran

Iran ist bekannt für seinen Film, seine Literatur und seine bildende Kunst. Dort gibt es eine lebendige und kreative Szene, die sich trotz Wirtschaftskrise ihre Freiräume schafft.

Museum of Contemporary Art

 

In Iran existiert eine sehr aktive lokale Kunstszene. An die 200 Galerien sollen allein in Teheran registriert sein; jeden Freitagabend finden dutzende Galerieeröffnungen statt. Die privaten Galerien dominieren seit Anfang der 2000er Jahre das Kunstgeschehen, das sich bis heute vor allem in der Hauptstadt konzentriert, obwohl es auch in anderen Städten interessante Galerien, Ausstellungsorte und Künstler-Initiativen gibt. Als öffentlich zugängliche Orte, die privat betrieben werden, bieten sie weitgehend unabhängige Freiräume für die Kunst.

Daneben finden sich insbesondere in Teheran einige bedeutsame Museen für moderne und zeitgenössische Kunst. Noch aus vorrevolutionärer Zeit stammt das 1977 eröffnete Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst, das neben einer umfangreichen Sammlung iranischer Kunst auch die größte Sammlung westlicher moderner Kunst außerhalb Europas und der USA besitzt. Zusammen mit dem 1978 fertig gestellten Kulturzentrum Niavaran ist das TMoCA einer der herausragendsten Bauten des bekannten iranischen Architekten Kamran Diba. Beide Institutionen unterstehen dem Ministerium für Kultur und Islamische Führung, dem Erschad.

Seit 2012 finden nunmehr zwei Mal im Jahr die Tehran Auctions statt und seit 2018 gibt es die Teer Art Fair, eine Messe für zeitgenössische Kunst, die sich an internationalen Standards misst. Mit der Argo Factory hat im Januar 2020 das erste große Privatmuseum für zeitgenössische Kunst in Teheran eröffnet, finanziert von der Pejman-Foundation. Seit einigen Jahren ergreifen einzelne, vermögende Privatpersonen die Initiative und gründen Stiftungen wie die Pejman-Foundation, um die bildende Kunst zu fördern.

Ann Gallery in Tehran

 

Die Grenzen zwischen privat und öffentlich, unabhängig und staatlich können im Kunstbereich Irans nicht eindeutig gezogen werden. Viele Künstler und Künstlerinnen agieren unabhängig und beziehen in ihren Arbeiten auch politisch Stellung. Stellen sie jedoch öffentlich aus, greifen teils die Behörden ein, zum Beispiel schon durch die Auswahl der Arbeiten. Dabei wird die rote Linie der Zensur nicht immer gleich gezogen; mal gibt es mehr, mal weniger Spielraum. Und so wird teils auch in staatlich betriebenen Kunstinstitutionen gute Kunst aus der unabhängigen Szene ausgestellt; es gab und gibt immer wieder Kollaborationen zwischen beiden Seiten, deren Umfang auch von der (kultur-)politischen Situation im Land abhängig ist.

So schreitet die Kommerzialisierung des Kunstbereichs weiter voran und die öffentliche Hand, die in Iran nicht immer eine helfende ist, mischt mit. Fand 2009 nach den Protesten gegen die mutmaßlichen Wahlfälschungen noch eine deutliche Abgrenzung aller wichtigen Galeristen und Galeristinnen, Kunstschaffenden sowie Theoretikern und Theoretikerinnen vom TMoCA statt und gab es während der Regierungszeit von Mahmoud Ahmadinedschad über Jahre hinweg keine Kooperationen zwischen dem Museum und der unabhängigen Szene, wird eine eindeutige Abgrenzung heute immer schwieriger. Viel Geld aus unbekannten Quellen fließt durch die staatlichen Institutionen, die privaten Stiftungen und finanziell potente Galeristen und Galeristinnen sowie Sammler und Sammlerinnen in den Kunstbereich; wer wo und wie beteiligt ist, wird immer undurchsichtiger. Jedoch gibt es kaum alternative Möglichkeiten finanzieller Unterstützung für Kunstschaffende, kleine Galerien und freie Projekte.

Tehran Art Gallery

 

Kunst – nach der Revolution

Mit der Revolution von 1979 entstand die sogenannte Revolutionskunst, die sich nun am sozialistischen Realismus orientierte und für propagandistische Zwecke eingesetzt wurde. Die Veränderungen waren grundlegend und umfassend, die „Kulturrevolution“ zu Beginn der 1980er Jahre betraf vor allem die Curricula der Universitäten. Bis heute kümmern sich nach der Revolution gegründete Institutionen wie die Hozeh Honari (Kulturzentrum für islamische Kunst und islamische Entwicklung), die direkt dem Revolutionsführer untersteht, um die propagandistische Kunst. Zum Teil sind die frühen Wandmalereien aus den 1980er Jahren mit Darstellungen von Märtyrern und religiösen Themen heute berühmt – die neuere Propagandakunst ist im Vergleich eher uninspiriert.

Die unabhängige Kunst, die sich nach der Revolution vollständig in den privaten Raum zurückzog, suchte eigene Wege, auch um sich von der religiös-islamistischen politischen Linie der Staatskunst abzusetzen. Mit der sogenannten Reform-Ära 1997 bis 2005 wurde sie wieder öffentlich sichtbar und sogar staatlich unterstützt. 1998 wurde Alireza Samiazar, der zuvor mit einem Stipendium des Erschad nach Großbritannien gegangen war, der neue Direktor des TMoCA. Unter seiner Führung wurde ausgerechnet ein staatliches Museum zur treibenden Kraft hinter der neuen, aufstrebenden zeitgenössischen Kunst.

Neue Tendenzen, konzeptuelle Ansätze und kritische Positionen wurden Ende der 1990er Jahre und zu Beginn der 2000er in den Arbeiten der damals noch sehr jungen Künstlerinnen und Künstler sichtbar. Ihre Kunst wurde auch durch die langsame Öffnung des Landes und die Verbreitung des Internets möglich. Denn abseits der vielen Kunstuniversitäten und  -fakultäten hat sich in Iran ein System des privaten Unterrichts etabliert, das die zeitgenössische Kunstproduktion bis heute beeinflusst. Den zeitgenössischen Entwicklungen in der Kunst hat jedoch auch eine Generation von Kunstschaffenden, die sich nach der Revolution etablierten, den Weg geebnet. Sie gehen neue Wege und grenzen sich sowohl von den Modernisten als auch von einer nachrevolutionären, ideologisch vereinnahmten Kunst ab. Sie haben zur heutigen Vielfalt der Kunst in Iran beigetragen, die sich auch in den Werken jüngerer Kunstschaffender zeigt.

Zeitgenössische Kunst in Iran

Iran ist bekannt für seinen Film, seine Literatur und seine bildende Kunst. Dort gibt es eine lebendige und kreative Szene, die sich trotz Wirtschaftskrise ihre Freiräume schafft.

Museum of Contemporary Art

 

In Iran existiert eine sehr aktive lokale Kunstszene. An die 200 Galerien sollen allein in Teheran registriert sein; jeden Freitagabend finden dutzende Galerieeröffnungen statt. Die privaten Galerien dominieren seit Anfang der 2000er Jahre das Kunstgeschehen, das sich bis heute vor allem in der Hauptstadt konzentriert, obwohl es auch in anderen Städten interessante Galerien, Ausstellungsorte und Künstler-Initiativen gibt. Als öffentlich zugängliche Orte, die privat betrieben werden, bieten sie weitgehend unabhängige Freiräume für die Kunst.

Daneben finden sich insbesondere in Teheran einige bedeutsame Museen für moderne und zeitgenössische Kunst. Noch aus vorrevolutionärer Zeit stammt das 1977 eröffnete Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst, das neben einer umfangreichen Sammlung iranischer Kunst auch die größte Sammlung westlicher moderner Kunst außerhalb Europas und der USA besitzt. Zusammen mit dem 1978 fertig gestellten Kulturzentrum Niavaran ist das TMoCA einer der herausragendsten Bauten des bekannten iranischen Architekten Kamran Diba. Beide Institutionen unterstehen dem Ministerium für Kultur und Islamische Führung, dem Erschad.

Seit 2012 finden nunmehr zwei Mal im Jahr die Tehran Auctions statt und seit 2018 gibt es die Teer Art Fair, eine Messe für zeitgenössische Kunst, die sich an internationalen Standards misst. Mit der Argo Factory hat im Januar 2020 das erste große Privatmuseum für zeitgenössische Kunst in Teheran eröffnet, finanziert von der Pejman-Foundation. Seit einigen Jahren ergreifen einzelne, vermögende Privatpersonen die Initiative und gründen Stiftungen wie die Pejman-Foundation, um die bildende Kunst zu fördern.

Ann Gallery in Tehran

 

Die Grenzen zwischen privat und öffentlich, unabhängig und staatlich können im Kunstbereich Irans nicht eindeutig gezogen werden. Viele Künstler und Künstlerinnen agieren unabhängig und beziehen in ihren Arbeiten auch politisch Stellung. Stellen sie jedoch öffentlich aus, greifen teils die Behörden ein, zum Beispiel schon durch die Auswahl der Arbeiten. Dabei wird die rote Linie der Zensur nicht immer gleich gezogen; mal gibt es mehr, mal weniger Spielraum. Und so wird teils auch in staatlich betriebenen Kunstinstitutionen gute Kunst aus der unabhängigen Szene ausgestellt; es gab und gibt immer wieder Kollaborationen zwischen beiden Seiten, deren Umfang auch von der (kultur-)politischen Situation im Land abhängig ist.

So schreitet die Kommerzialisierung des Kunstbereichs weiter voran und die öffentliche Hand, die in Iran nicht immer eine helfende ist, mischt mit. Fand 2009 nach den Protesten gegen die mutmaßlichen Wahlfälschungen noch eine deutliche Abgrenzung aller wichtigen Galeristen und Galeristinnen, Kunstschaffenden sowie Theoretikern und Theoretikerinnen vom TMoCA statt und gab es während der Regierungszeit von Mahmoud Ahmadinedschad über Jahre hinweg keine Kooperationen zwischen dem Museum und der unabhängigen Szene, wird eine eindeutige Abgrenzung heute immer schwieriger. Viel Geld aus unbekannten Quellen fließt durch die staatlichen Institutionen, die privaten Stiftungen und finanziell potente Galeristen und Galeristinnen sowie Sammler und Sammlerinnen in den Kunstbereich; wer wo und wie beteiligt ist, wird immer undurchsichtiger. Jedoch gibt es kaum alternative Möglichkeiten finanzieller Unterstützung für Kunstschaffende, kleine Galerien und freie Projekte.

Tehran Art Gallery

 

Kunst – nach der Revolution

Mit der Revolution von 1979 entstand die sogenannte Revolutionskunst, die sich nun am sozialistischen Realismus orientierte und für propagandistische Zwecke eingesetzt wurde. Die Veränderungen waren grundlegend und umfassend, die „Kulturrevolution“ zu Beginn der 1980er Jahre betraf vor allem die Curricula der Universitäten. Bis heute kümmern sich nach der Revolution gegründete Institutionen wie die Hozeh Honari (Kulturzentrum für islamische Kunst und islamische Entwicklung), die direkt dem Revolutionsführer untersteht, um die propagandistische Kunst. Zum Teil sind die frühen Wandmalereien aus den 1980er Jahren mit Darstellungen von Märtyrern und religiösen Themen heute berühmt – die neuere Propagandakunst ist im Vergleich eher uninspiriert.

Die unabhängige Kunst, die sich nach der Revolution vollständig in den privaten Raum zurückzog, suchte eigene Wege, auch um sich von der religiös-islamistischen politischen Linie der Staatskunst abzusetzen. Mit der sogenannten Reform-Ära 1997 bis 2005 wurde sie wieder öffentlich sichtbar und sogar staatlich unterstützt. 1998 wurde Alireza Samiazar, der zuvor mit einem Stipendium des Erschad nach Großbritannien gegangen war, der neue Direktor des TMoCA. Unter seiner Führung wurde ausgerechnet ein staatliches Museum zur treibenden Kraft hinter der neuen, aufstrebenden zeitgenössischen Kunst.

Neue Tendenzen, konzeptuelle Ansätze und kritische Positionen wurden Ende der 1990er Jahre und zu Beginn der 2000er in den Arbeiten der damals noch sehr jungen Künstlerinnen und Künstler sichtbar. Ihre Kunst wurde auch durch die langsame Öffnung des Landes und die Verbreitung des Internets möglich. Denn abseits der vielen Kunstuniversitäten und  -fakultäten hat sich in Iran ein System des privaten Unterrichts etabliert, das die zeitgenössische Kunstproduktion bis heute beeinflusst. Den zeitgenössischen Entwicklungen in der Kunst hat jedoch auch eine Generation von Kunstschaffenden, die sich nach der Revolution etablierten, den Weg geebnet. Sie gehen neue Wege und grenzen sich sowohl von den Modernisten als auch von einer nachrevolutionären, ideologisch vereinnahmten Kunst ab. Sie haben zur heutigen Vielfalt der Kunst in Iran beigetragen, die sich auch in den Werken jüngerer Kunstschaffender zeigt.

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